Denkt man an Märchenschlösser, so denkt man an
Neuschwanstein, Versailles oder Sanssouci. Dass sich auch am
nordöstlichen Harzvorland ein solches befindet, wird Viele
verwundern. Die Roseburg, wie dieses Harzer Märchenschloss heißt,
liegt zwischen
Rieder und
Ballenstedt,
direkt an der Landesstraße 242. Es ist weder so alt wie Versailles
noch so pompös wie Neuschwanstein. Und es drängeln sich keine
Touristenströme, bestückt mit Videokamera und Fotoapparat, in Park
und Baulichkeiten. Und trotzdem! Wer die Roseburg einmal besucht
hat, wird mir Recht geben. Ein Märchenschloss, wenn auch ein
neuzeitliches.
Daher ist in diesem Fall auch kein Zweifel am
Erbauer der Burg zu hegen. Es war der 1855 in Köthen geborene Bernhard Sehring. Der begnadete
Architekt und Bauherr, der in Berlin studierte, arbeitete und lebte. Referenzen
hat Sehring reichlich aufzuweisen.
Die bekanntesten Bauten aus der
Feder von Sehring sind wohl das Theater des Westens sowie das
Berliner Künstlerhaus St. Lucas. Im Harzer Raum die Walpurgishalle
auf denm Hexentanzplatz bei Thale und das Märchenschloss Roseburg
bei Rieder. Das Wirkspektrum von Architekt
Sehring war weit gefächert und reichte vom Wohnhaus über Theater-
und Kulturbauten bis zum Schloss. Kein Wunder also, dass Sehring
sich mit der Roseburg ab 1905 einen lang gehegten Wunsch erfüllte,
in den er all seine Kreativität und Erfahrung einbrachte.
Das Areal, auf dem die Roseburg steht, liegt 254
Meter über Normalnull, auf einem Felsrücken aus Muschelkalk, am
Westende der Steinberge. Erworben hat es Sehring von den Grafen
Anhalt-Dessau. Gebaut hat er sein Traumschloss inklusive Parkanlage
auf den Mauern einer uralten Burg.
Die erste stiftsurkundliche Erwähnung stammt
aus dem Jahr 963 und nennt den Namen „Rothallasburc“. Weitere
Details zur Geschichte der Burg sind bisher nicht überliefert,
in der Vergangenheit gemachte archäologische Funde sind nicht
erhalten.
Aber zurück zu Architekt Sehring und seinem
Lebenswerk „Roseburg“. Die Bauzeit für Burg und Park nahm 18 Jahre,
von 1907 bis 1925, in Anspruch. Insgesamt soll der engagierte
Architekt Sehring 2,5 Millionen Reichsmark verbaut haben, wobei allein die
aufwändige 1600 Meter lange Außenmauer über 1 Million Reichsmark
gekostet haben soll.
Entstanden ist ein Burgensemble mit
vielschichtigen Stilelementen. Romanisches Flair und italienischer
Frühbarock bilden eine Einheit mit Jugendstil und Klassizismus,
eingerahmt von einer großzügigen Parkanlage nach Vorbild eines
englischen Landschaftsgartens, mit Türmen, Wasserkaskaden und
Obstgärten. Leider ging dem Stararchitekten ab 1920 das Geld aus,
was dazu führte, dass nicht alle seine Pläne verwirklicht werden
konnten.
Nach Sehrings Tod im Jahr 1941 sowie dem Tod
seiner Ehefrau im Jahr 1950, erlebte die Roseburg eine sehr
wechselvolle Geschichte, die in einem „Besitzer-Krimi“ nach der
Wiedervereinigung gipfelte. Seit 2006 ist das „Märchenschlösschen“
an einen Privatinvestor verkauft, der Erhaltungs-, Sanierungs- und
Restaurationsarbeiten an Gebäuden und Park durchführt. Auch
erstrahlt seit 2009 das ehemalige Burgcafé in neuem Glanz.
Die Roseburg ist im Winter nicht für Besucher
geöffnet, obwohl insbesondere der Park zu jeder Jahreszeit einen
Besuch wert wäre. Denn Sehring hat in absolut harmonischem Einklang
exotische Gehölze und Anpflanzungen mit einheimischen Gewächsen
vermischt. Dabei wurden die jeweiligen Blütezeiten so abgestimmt,
dass der Park ganzjährig eine Pracht darstellt.
Weiterführende Informationen sowie zu Öffnungszeiten finden sie
unter: www.roseburg.de/
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und der Texte
Bernd
Sternal 2007/2011
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